Agiles Unterrichtsprojekt: 3D-Druckerbau und Filmdokumentation
von Jens Buchloh (Kommentare: 2)
Selbst aktiv werden
Während meiner Estlandreise wurde mir klar, wie wichtig die Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Instanzen für das Gelingen von Bildung ist. Zusammenarbeit schafft Transparenz und ist die Grundlage für ein Verständnis des Gegenübers. Sie kann dazu beitragen, dass Bildungsinhalte abwechslungsreicher und realitätsnäher vermittelt werden können.
Statt Forderungen an Schule und Bildung zu stellen, wolle ich mit meiner Firma selbst aktiv werden.
Mir schwebte ein eigenes Unterrichtsprojekt im agilen Sinne vor. Das Agile daran sollte sein, zu einem festen Termin eine Zielvorgabe zu machen und die Wege dorthin eigenverantwortlich in die Hände der teilnehmenden Schüler zu legen.
Planungsphase

Die Rahmenbedingungen für die Schüler wollten wir optimal gestalten. Dazu stellten wir neben dem 3D-Druckerbausatz und einem professionellen Filmequipment zwei digitale Plattformen für die Zusammenarbeit (Confluence und HipChat) bereit. Zudem organisierte ich 6 Experten von ergovia als passive Ansprechpartner für die Bereiche Projektmanagement, Druckerbau, Filmproduktion, Datenschutz, virtuelle Kommunikation und Coding.
Der Aufwand für die Schule sollte möglichst niedrig sein, um den Einstieg zu erleichtern. Es ging daher nur darum, einen geeigneten Raum und natürlich interessierte Schüler (ggf. auch Lehrer) zu finden. Die ganze Aktion planten wir mit einem Budgetrahmen von 5.000 €.
Mit diesem Vorhabenpaket wandte ich mich an mehrere Schulen im Großraum Kiel. Nach einigen Telefonaten und Vorsprachen wurde das Heinrich-Heine Gymnasium in Heikendorf (Im Umkreis von Kiel) von uns ausgewählt, um bei diesem Pilotprojekt dabei zu sein. 8 Schüler aus dem Physikleistungskurs sagten ihre Teilnahme zu. Wir gaben ihnen einen zeitlichen Rahmen von 12 Wochen vor, um den 3D-Drucker zusammenzubauen und das Projekt filmisch zu begleiten. Die Schule stellte die Räumlichkeiten und stattete die Schüler mit einem Schlüssel dafür aus.
Und dann ging es los!
Für ein erstes Kennenlernen traf ich auf die motivierten Schüler der Oberstufe. Ich erklärte Ihnen, wie das Projekt ablaufen würde und sie bestätigten ihre Teilnahme. In den nächsten Wochen sollten sie eine Lernumgebung austesten, die ihnen bisher fremd war: Ohne Lehrer sollten sie im Team Aufgaben lösen – etwas, das es in Schulen häufig nur ansatzweise in Form von gesonderten Projektarbeiten gab. Ich war gespannt, wie die Schüler mit diesen Vorgaben zurechtkommen würden.
Und bald schon zeichneten sich die ersten Erfahrungen in den Bereichen Organisation und Kommunikation ab:
Organisation
Das Projekt dauerte 2 Wochen länger als geplant. Was vor allem daran lag, dass die Schüler rund 8 Wochen benötigten, um sich als Projektteam zu finden, d. h. um sich eigenständig zu organisieren und die angebotenen Ressourcen adäquat zu nutzen. Das betraf besonders die Haltung zu Arbeitsaufgaben im Team (Kooperation).
Was auch leicht damit zu erklären ist, dass im Schulalltag meist der Lehrer die Schüler für Aufgaben einteilt, zum Arbeiten auffordert und die Hierarchie klar gegeben ist. In einer homogenen Gruppe müssen Schüler erst lernen, sich zu organisieren, Aufgaben zu verteilen und Ergebnisse von ihren Mitschülern einzufordern, wenn diese nicht liefern.
Kommunikation
Interessanterweise war auch die Kommunikation im Projektrahmen schwierig – und das bei Jugendlichen, die sich privat wie ein Fisch im Wasser in den sozialen Netzwerken bewegten. Gerade in der Kommunikation mit unseren Experten waren sie anfangs sehr schüchtern, diese zu Rate zu ziehen. Auch nutzten sie kaum die Ihnen bereitgestellten Onlineplattformen, um Absprachen zu treffen und protokollarisch zu dokumentieren.
Ein Arbeiten in dieser Form war für die Schüler nach eigenem Bekunden ungewohnt. Das Lösen von Aufgaben in eigenständigen Projektteams spielt in ihrem Schulalltag eine exotische Rolle.
Hohe Motivation bei Schülern

Trotz all dieser neuen Herausforderungen gab es eine hohe Motivation bei allen Schülern, sich diesen zu stellen. Das Tempo und die Qualität in der Umsetzung, die sie gerade in den letzten 6 Wochen des Projekts an den Tag legten, war sehr beachtlich.
Schließlich war das Werk vollbracht und die Schüler präsentierten der Schulleitung und Mitarbeitern der ergovia GmbH stolz ihren selbst zusammengebauten 3D-Drucker in Aktion. Zusätzlich hatten sie noch Filmmaterial angefertigt und sogar eine eigene Website aufgesetzt. Unter http://flab-printing.de/ finden sich die Projektergebnisse und dort beschreiben die Schüler die Geschehnisse sehr schön aus ihrer Sicht.
Für mich war dieses Pilotprojekt eine sehr spannende Erfahrung. Die Ergebnisse und das durchweg positive Feedback der Schüler machen Lust auf mehr! Auch konnten wir für uns ein Learning aus diesem Projekt ziehen: Und zwar noch stärker in der Vorbereitung Grundregeln für die Projektdurchführung wie z. B. die Art und Weise des Protokollierens festzulegen und die Experten proaktiver einzubinden.
Mein Fazit
Der Projektablauf zeigt ganz deutlich, dass Schüler noch viel häufiger im Unterrichtsalltag mit Projektarbeit in Berührung kommen müssen. Sie müssen den Freiraum bekommen, auch einmal eigenständig über Probleme nachdenken zu können, sich untereinander organisieren und austauschen zu müssen und in Teamarbeit größere Aufgaben bewältigen.